Torticollis
Überblick
Synonyme: spastischer Schiefhals, muskulärer Schiefhals, idiopathischer spastischer Torticollis, IST
Torticollis bedeutet übersetzt „verdrehter Hals“ und ist sowohl eine Krankheit als auch ein Symptom. Im Deutschen wird oft der Begriff „spastischer Schiefhals“ benutzt, jedoch handelt es sich meist nicht um die spastische Form. Gemeint ist dagegen der „muskuläre Schiefhals“, der bei Säuglingen eine Schiefstellung des Kopfes beschreibt. Der Grund hierfür ist jedoch keine Spastik, sondern meistens eine Verkürzung des Musculus Sternocleidomastoideus, der den Kopf zur Gegenseite dreht. Das erklärt die Neigung des Kopfes zur erkrankten Seite und die Drehung zur gesunden. Neben dem muskulären Schiefhals gibt es noch einige weitere Ursachen des Torticollis. Die Krankheiten, die zum Torticollis führen, lassen sich in angeborene und erworbene einteilen. Der erworbene Torticollis taucht allerdings fast nur im Erwachsenenalter auf.
Ursachen
Muskulärer Schiefhals
Betroffene Neugeborene kommen meist ohne Fehlstellung auf die Welt. Nach Tagen bis Wochen entwickelt sich jedoch eine Weichteilschwellung am bereits genannten Sternokleidomastoideus, die dazu führt, dass Muskelgewebe durch Bindegewebe ersetzt wird und eine Verkürzung des Muskels bewirkt. Die Ursache dieser entzündlichen Schwellungen sind noch nicht gänzlich geklärt, eine Steißlage im Mutterleib oder ein Geburtstrauma können sie jedoch begünstigen. Ungeklärt ist bisher auch, ob man eine genetische Komponente außer Acht lassen kann.
Idiopathischer spastischer Torticollis, IST
Diese Art des Schiefhalses wird tatsächlich durch eine Spastik ausgelöst, beginnt meist im Erwachsenenalter, kann aber auch im Kindesalter vorkommen. Er ist erworben und hat keine klar umschriebene Ursache. Es könnte sich um eine Verletzung des Thalamus (zentrales Kerngebiet des Zwischenhirns) handeln. Aber da auch eine familiäre Häufung beobachtet wurde, könnte der idiopathische spastische Torticollis auch genetische Ursachen haben. Ein weiterer Grund könnte auch die Verwachsung einiger Wirbel der Halswirbelsäule sein.
Symptome
Offensichtliches Symptom aller Formen ist die Fehlstellung des Kopfes. Der Kopf wird an die Schulter herangezogen und leicht zur Seite gedreht. Natürlich ist dadurch die Beweglichkeit des Kopfes erheblich eingeschränkt. Später tritt zusätzlich eine Gesichtsasymmetrie auf. Die Augen und Ohren stehen auf unterschiedlicher Höhe und die betroffene Seite des Gesichts ist verkürzt. Ebenso kann sich später eine Skoliose (Fehlstellung der Wirbelsäule) einstellen.
Beim IST sind eine unwillkürliche Kontraktion verschiedener Halsmuskeln und eine andauernde Schiefstellung des Kopfes zu beobachten, begleitend kann ein Zittern der Extremitäten bei sonst normalem neurologischen Befund auftreten.
Diagnose
Die Diagnose wird anhand der typischen Kopfhaltung gestellt. Man kann allerdings, um knöcherne Ursachen auszuschließen, eine seitliche sowie eine gerade Röntgenaufnahme der Halswirbelsäule machen. Allerdings können auch andere Krankheiten wie z.B. Infektionen oder Tumoren, Traumata (z.B. durch einen Autounfall), die Behandlung mit Neuroleptika oder auch Augenfehlstellungen ähnliche Symptome wie beim muskulären Schiefhals oder IST hervorrufen. Deshalb sollte man diese Ursachen diagnostisch ausschließen.
Therapie
In der Regel wird zuerst die konservative Therapie gewählt. Dazu gehören zum Beispiel Krankengymnastik, Dehnungsübungen und bestimmte Lagerungstechniken. Es ist wichtig, dass man einen betroffenen Säugling in der Fehlstellung lagert. Mit interessanten Reizen wie akustischen oder visuellen Signalen kann man den Säugling dazu bewegen, dass er sich stets zur entsprechenden Seite dreht. Das Kind sollte nicht auf dem Bauch liegen, sondern in der Rücken- oder Seitenposition. Es wird empfohlen, dass die Eltern etwa viermal am Tag eine passive Dehnung des betroffenen Muskels durchführen. Dabei wird in Streckstellung des Kopfes und Halses der Kopf vorsichtig und langsam in Richtung der Schulter der gesunden Seite gedrückt und in Richtung der betroffenen Seite gedreht. Die betroffene Seite sollte ca. zehn Sekunden gedehnt werden.
Es ist wichtig, dass mit der Therapie so früh wie möglich begonnen wird. Schlägt die konservative Behandlung nicht an, kann chirurgisch eingegriffen werden. Im Alter von ein bis drei Jahren wird der betroffene Muskel durchtrennt und die Kopffehlstellung korrigiert. Danach wird der Hals mit einem Gipsverband oder einer Halskrawatte für drei bis vier Wochen fixiert.
Die Therapie der spastischen Form erfolgt neben der Krankengymnastik hauptsächlich medikamentös.
Prognose
Muskulärer Schiefhals
Wenn man frühzeitig und regelmäßig mit der Krankengymnastik beginnt, kann man bei ca. 80 Prozent der Kinder eine Operation vermeiden. Muss man allerdings doch operativ eingreifen, dann ist die Prognose bei einem rechtzeitigen Eingriff durchaus gut. Die Fehlstellung lässt sich dauerhaft ohne Bewegungseinschränkung korrigieren. Setzt die Behandlung allerdings zu spät ein, kann es zu einer funktionellen Einschränkung der Halswirbelsäule kommen. Auch vorhandene Gesichtsasymmetrien lassen sich später nicht mehr korrigieren.
Idiopathischer spastischer Torticollis, IST
Bei der spastischen Form verschlimmert sich die Krankheit meist während der ersten fünf Jahre. Gerade bei jüngeren Patienten wurde in ca. 12-20 Prozent nach der Therapie ein (vorübergehender) Rückgang der Symptome beobachtet.
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