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Bluterkrankheit

Überblick

Synonyme: Hämophilie

Die Bluterkrankheit war in vielen europäischen Adelsfamilien weit verbreitet. Durch die Praxis, nur innerhalb einer eng umschriebenen Verwandtschaft zu heiraten (und bloß nicht bürgerlich!), hat sich diese Krankheit schnell verbreitet. Das legte die Vermutung nahe, dass die Bluterkrankheit eine genetisch bedingte und vererbbare Störung ist. Heute wissen wir, dass es sich um eine x-chromosal vererbte Störung der Blutgerinnung handelt. Nach Art der Gerinnungsstörung unterscheidet man die Hämophilie A mit einem Defekt am Gerinnungsfaktor VIII und die weitaus seltenere Hämophilie B mit einem Defekt am Gerinnungsfaktor IX. Von dieser vererblichen Störung sind hauptsächlich Männer betroffen. Frauen können zwar das kranke Chromosom in sich tragen und weiter vererben, erkranken aber weitaus seltener daran. Das liegt daran, dass das gesunde zweite X-Chromosom der Frau das andere kranke ausgleicht. In Deutschland erkrankt einer von 5 000 - 10 000 Jungen an Hämophilie A und einer von 25 000 - 30 000 an Hämophilie B.

Ursachen

Durch einen Gendefekt auf dem X-Geschlechtschromosom kommt es zu Fehlern in der Herstellung von Gerinnungsfaktoren im Körper. Diese benötigt der Körper, um das Blut bei Verletzungen gerinnen zu lassen. Diese Gerinnung ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Fehlt einer dieser Faktoren, kommt es zu einer gestörten oder nur sehr langsamen Gerinnung. In extremen Fällen können Bluter bereits an kleinen Wunden verbluten.

Die Bluterkrankheit ist eine rezessive Erbkrankheit. Sie wird durch ein oder selten auch zwei X-Chromosomen vererbt. Für Frauen ist das ungefährlicher, da bei ihnen beide X-Chromosomen betroffen sein müssen. Für Männer ist das Risiko, an Hämophilie zu erkranken, höher, da sie neben dem Y-Chromosom nur ein X-Chromosom besitzen. Eine Frau erkrankt nur äußerst selten an Hämophilie, da sie zwei X-Chromosome besitzt, das heißt, der Vater müsste Bluter sein und die Mutter ein defektes X-Chromosom besitzen. Demnach gibt es folgende genetische Möglichkeiten:

  1. Der Vater ist gesund, die Mutter ist gesund, aber Trägerin:
    Jeder zweite Junge ist krank, jedes zweite Mädchen ist Trägerin. Fünfzig Prozent der Mädchen und fünfzig Prozent der Jungen sind gesund und keine Träger.
  2. Der Vater ist Bluter, die Mutter ist gesund, aber Trägerin:
    Fünfzig Prozent der Kinder sind Bluter, egal ob Mädchen oder Junge. Alle Mädchen sind auf jeden Fall Trägerin.
  3. Der Vater ist Bluter, die Mutter ist gesund und nicht Trägerin:
    Alle Kinder sind gesund, alle Mädchen sind Trägerin.
  4. Der Vater ist Bluter, die Mutter ist ebenfalls Bluter:
    Alle Kinder sind in jedem Fall krank.

Wenn wir den letzten Fall ausklammern, besteht eine fünfundzwanzigprozentige Wahrscheinlichkeit, ein Mädchen mit Hämophilie zu zeugen, nur dann, wenn ein Bluter ein Kind mit einer Trägerin hat. Diese Kombination ist recht selten. Ein Bluterpaar sollte aufgrund der Erkenntnis, dass alle ihre Kinder krank wären, keine gemeinsamen Kinder haben. In etwa fünfzig Prozent der Fälle ist die Mutation auf dem X-Chromosom spontan in der Eltern- oder Großeltern-Generation entstanden.

Symptome

Normalerweise hört eine Wunde bei einem gesunden Menschen nach ein paar Minuten auf zu bluten. Bei einem Bluter ist dies nicht der Fall, seine Wunde fängt an nachzubluten.

Erste Blutungen treten schon im Kleinkindalter auf. Schon kleine Verletzungen können zu starken Blutungen in Gewebe und Gelenken führen. Werden diese Symptome nicht behandelt, können Verkrüppelungen entstehen. Sehr gefährlich sind Blutungen im Zungengrund, da sie die Atemwege einengen können. Auch ein leichtes Schädeltrauma bedarf der sofortigen Gabe an Gerinnungsfaktoren, damit keine intrakranielle Blutung auftritt. Es können zum Beispiel bei Zahnbehandlungen oder auch leichten chirurgischen Eingriffen sehr starke Blutungen auftreten, die schwer zu stoppen sind. Oft entstehen Blutergüsse am Körper, häufig bilden sie sich im Kniegelenk.

Da die Betroffenen immer wieder Blutverluste erleiden, kann es zu einer Anämie kommen. Diese Anämie verursacht wiederum Müdigkeit und die körperliche Belastbarkeit ist damit herabgesetzt.

Diagnose

Falls ein Verdacht auf Hämophilie besteht, muss eine Blutuntersuchung veranlasst werden. Mit der Bestimmung der Gerinnungsfaktoren wird die Bluterkrankheit diagnostiziert.

Therapie

Den Patienten wird ein Ersatzfaktor für die entsprechenden Gerinnungsfaktoren intravenös verabreicht. Die Halbwertzeit dieses Faktors beträgt zwölf Stunden, es ist deshalb sinnvoll, gefährdeten Kindern zwei- bis dreimal pro Woche diesen Faktor zu spritzen. Momentan stellt man diese Gerinnungsfaktoren aus Spenderblut her. Mittlerweile kann man den Faktor VIII sogar gentechnisch herstellen, was den Vorteil einer garantierten Virenfreiheit bringt.

 

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